Unsere Geschichte

Ein kleiner Rückblick nach fast zwei Jahren Arbeit als Gruppe

Wir kommen nach fast zwei Jahren nicht mehr ohne eine Vorstellung unsererseits aus. Als Info über uns und als Transparenz nach außen. Wir haben uns also für ein Frage-Antwort-Spiel entschieden. Wenn euch da Fragen fehlen, schickt sie uns gerne!

 

Wer sind wir?

Im Herbst 2011 haben wir uns in Berlin als Gruppe zusammengefunden, um gemeinsam zu den Themen sexualisierte Gewalt, Community Accountability und Transformative Justice zu arbeiten. Inzwischen sind wir um die sieben Leute aus verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichen Interessen und Erfahrungen, die uns zu diesen Themen gebracht haben.

Wir haben vielfältige Identitäten, die unterschiedliche Privilegien und Diskriminierungserfahrungen beinhalten. Unsere Identitäten sind für uns nicht abgeschlossen. Wir befinden uns mit ihnen in ständiger Aushandlung. Privilegien und Diskriminierungserfahrungen können in einer Person vereint sein und sind es auch bei uns. Unsere Identitäten und unserer Umgang mit ihnen sind für uns eine ambivalente Reise und Prozess; für uns individuell, in Beziehung zur Gesellschaft und in unserer Gruppe.

 

Mit welchen Ideen, Konzepten und Praxen arbeiten wir?

Wir kennen das in vielen autonomen deutschsprachigen Kreisen verwendete Konzept und Praxis der Definitionsmacht gut, das in den 90er Jahren von feministischen FrauenLesben entwickelt wurde und sehen es als Teil unseres Selbstverständnisses unserer Arbeit an. Wir wollen Konzepte und Praxen für Communities für eine Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt entwickeln, ausprobieren und damit experimentieren. Hierfür lernen wir gemeinsam über Community Accountability als Möglichkeit bei sexualisierter Gewalt – vor allem mit Material von INCITE! Women of Color Against Violence aus den U.S.A. Transformative Justice ist eine weiteres Konzept und eine Praxis, mit der wir uns beschäftigen, wobei wir hier vor allem mit Material von GenerationFIVE arbeiten, der zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder arbeitet und ebenfalls aus den Staaten kommt.Wir wollen von diesen beiden Ideen lernen und schauen, wie sie mit Aspekten von Definitionsmacht zusammenpassen. Es ist unser Ziel, sexualisierte Gewalt im Zusammenhang mit unterschiedlichen Machtverhältnissen zu analysieren und mit den vielfältigen Verstrickungen einen Umgang zu finden.

 

Dazu stellen wir uns Fragen wie z.B.: Was bedeutet es, dass wir Ideen, die von Frauen und queeren Menschen in Communities und Organisationen of Color entwickelt und angewendet werden, für unsere Arbeit verwenden? Inwiefern können diese Konzepte und Praxen in einem deutschen oder europäischen Kontext benutzt werden? (Wie) können diese Ideen in einer weiß dominierten Umgebung in die Praxis umgesetzt werden? Wie können wir damit accountable umgehen?

 

Die Orte, an denen wir als Gruppe bisher oft unsere Arbeit gemacht haben, sind überwiegend weiss dominiert. Wir versuchen verschiedene Machtverhältnisse und Privilegien anzuschauen und zu reflektieren, besonders auch unsere persönlichen, untereinander in der Gruppe und in unserer Arbeit. Es ist auch wichtig für uns, dass wir uns in verschiedensten Räumen und Kontexten bewegen und schauen, wie wir die Arbeit gegen Gewalt in unterschiedlichsten Communities unterstützen und uns mit anderen aktiven Individueen und Gruppen vernetzen können.

 

Was machen wir?

Wir diskutieren und lernen zusammen; wir bringen als Einzelne unsere Wissen in die Gruppe ein und erarbeiten uns gemeinsam Neues. WIr übersetzen Texte, da Material zu Community Accountability und Transformative Justice bisher nicht auf deutsch verfügbar ist. Wir entwickeln Workshops und probieren sie aus. Wir vernetzen uns mit anderen Gruppen, die zu diesen Themen arbeiten.

 

Einige von uns sind ebenfalls in anderen Gruppen organisiert und machen dort verschiedene praktische oder konzeptuelle Arbeit: Unterstützung für von sexualisierter Gewalt Betroffene, transformative Arbeit mit Menschen, die Gewalt ausgeübt haben, Projekte zu Zustimmung und Prävention, Arbeit an einem feministischen Konzept für transformative Arbeit mit gewaltausübenden Menschen. Die Gruppe dient auch mal als Raum für Austausch und Supervision, in dem Gedanken und Schwierigkeiten, die bei dieser Arbeit zu den Themen auftauchen, zusammen diskutiert werden können.

 

Weiterhin sind unsere persönlichen Verbindungen zueinander für uns ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Wir wollen Raum für unsere eigenen Traumata haben und uns diesen geben, Vertrauen gewinnen und uns gegenseitig solidarisch unterstützen. Köperarbeitsmethoden, wie Meditation, Theater der Unterdrückten und Generative Somatics, sind immer wieder spannende Punkte, wenn wir persönliche und politische Transformation als verwoben erleben und entdecken wollen.

 

Was haben wir bereits gemacht?

Seit unserer Gründung als Gruppe, haben wir die Chance gehabt, Workshops auf verschiedenen Konferenzen, mit politischen Gruppen oder Hausprojekten zu machen. Als Multiplikatoren-Effekt haben wir uns gegenseitig bei den Workshops assistiert und inzwischen kann fast jede von uns Workshop-Moderator*in sein und das Modell verändern und weiter entwickeln. Zur Zeit können wir zwei Workshops anbieten, die aufeinander aufbauen. Der erste ist eine Einführung zu Community Accountability und der zweite eine Vertiefung zu transformativer Arbeit mit Menschen die Gewalt ausgeübt haben und fokussiert Ansätze von Transformative Justice.

 

Vernetzung bei Arbeit gegen sexualisierte Gewalt ist sehr wichtig. Dieser Bereich ist oft davon geprägt, dass vieles im privaten und unsichtbaren Bereich verschwindet. Deshalb sind Strukturen und Kollektive, die miteinander nach außen und innen arbeiten auch so wichtig.

 

In Berlin haben wir uns seit der Antisexistischen Praxen Konferenz 2012 mit ask gerd_a und inzwischen auch mit basic vernetzt. Das sind beides selbstorganisierte Unterstützer_innen Gruppen aus Berlin für Betroffene von sexualisierter Gewalt und Diskriminierung. Wir haben uns inhaltlichen, konzeptionellen und praktischen Austausch gewünscht. Daraus ist schnell geworden, wie wir uns bei unserer Arbeit unterstützen können und welche Erfahrungen wir weiter geben können. Welche Fokusse haben wir und wie bringen wir die zusammen? Was für neue Inspirationen geben wir uns gegenseitig? Weiterhin haben wir uns letzten Sommer mit einer Person von Support New York getroffen, erfahren wie dieses Kollektiv in New York arbeitet und uns ausgetauscht. Wir suchen auch nach austausch mit Menschen und Gruppen, die unterschiedliche Ansätze von Anti-Gewaltarbeit haben.

 

Wie organisieren wir uns?

Unsere Arbeit findet teilweise in der ganzen Gruppe und teilweise in Kleingruppen statt. Wir versuchen uns regelmässig zu treffen und mindestens einmal im Monat ein großes Plenum zu haben. Es gibt eine Internetpräsenz mit Informationen, Links und einer Kontaktmöglichkeit.

 

Was sind zur Zeit unsere Pläne und Wünsche?

Im Moment nehmen wir uns Zeit gemeinsam über unsere Arbeitsgrundlagen und die Fragen „Wie wollen wir zusammen arbeiten? Was ist uns wichtig?“ zu reflektieren. Wir versuchen auch einen Namen für unsere Gruppe zu finden.

Wir wollen uns intensiver mit dem Thema transformative Arbeit mit gewaltausübenden Menschen auseinandersetzen und austauschen. Dazu machen wir z.B. im August einen Workshop zu Restorative Justice.

Wir wollen unsere erste Übersetzung beenden und damit ein Zine veröffentlichen.

Wir wollen weiter über Rassismus, Antirassismus, Critical Whiteness, und Ally Arbeit diskutieren und lernen.

Wir wollen uns untereinander über unsere Erfahrungen in den Workshops austauschen und diese weiter entwickeln.

Wir wollen unsere Netzwerkarbeit vervielfältigen, von anderen und ihren Erfahrungen lernen und unseren Horizont erweitern. Unter anderem z.B. mit Gruppen, die Anti-Gewalt-Arbeit mit Männern machen, die Anti-Knast-Arbeit machen, Gruppen die psychatrie-kritisch und rassismus-kritisch arbeiten und die sich mit Disability/Behinderung auseinandersetzen.

 

Wir sind offen für neue Leute, die mitarbeiten wollen. Wir freuen uns über Rückmeldungen zu unseren Versuchen in dieser Welt zu sexualisierter Gewalt und der Möglichkeit von Unterstützung, Heilung, Accountability und Transformation zu arbeiten.

 

CA/TJ Gruppe

 

(Juli 2013)

 

Kleiner Rückblick auf unsere Workshop-Aktivitäten:

2009

Wer lebt mit wem? Camp auf Burg Lutter in Lutter im Sommer 2009

 

2010

Gapfest Köln im Autonomen Zentrum in Köln im September 2010

Antisexistische Praxen Konferenz IV in Berlin im September 2010

 

2011

Feminist-Antisexist-Queer FAQ Infoladen Aktionswoche in Berlin im März 2011

ARRRGH! Sexismuskritische Tage in Dresden im April 2011

Wildwasser – Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen in Berlin im Mai 2011

XB-Liebig Freiraum-Projekt Antisexistische Veranstaltungsreihe in Berlin im Mai 2011

 

2012

Transgenialer Christopher Street Day (TCSD) Aktionswoche in Berlin im Juni 2012

Antisexismus Tage Wuppertal im August 2012

Antisexistische Praxen Konferenz V in Berlin im September 2012

Kritische Tage zum herrschenden Geschlechterverhältnis in Hannover im Dezember 2012

 

2013

Workshop in Marseille/Frankreich in Kooperation mit La Bibliothèque Féministe Les Héroines im Januar 2013

Workshop in der Frauenetage der besetzten Schule Ohlauerstrasse in Berlin (Berlin Refugee Strike) im Februar 2013

4. Queer-feministischer Bundeskongress (AStA Gruppen) in Hamburg im Juni 2013

 

außerdem in bisher zwei Hausprojekten und zwei Politischen Gruppen in Berlin, die uns angefragt haben